Uckermärkischer Geschichtsverein zu Prenzlau
Ortsgruppe Fürstenwerder50 Jahre Heimatmuseum Fürstenwerder (1974–2024)
Henning Ihlenfeldt
Anlässlich des Jubiläums zum 25. Jahrestag der DDR, 1974, wurde durch den Rat des Bezirkes Neubrandenburg ein Beschluss realisiert, der mehr Kultur- und Heimatgeschichte in die Dörfer bringen sollte. Die Erarbeitung von Ortschroniken und die Einrichtung von Heimatmuseen konnten dadurch in unserer Region gegründet werden:
- das Bauernmuseum Wittstock
- das Mühlenmuseum Boitzenburg und
- die Heimatstuben Fürstenwerder
Für den Gastwirt Erich Blietschau (1914–1990) ging damit ein langersehnter Wunsch in Erfüllung. Durch seine Sammelleidenschaft, sein vielseitiges heimatgeschichtliches Interesse, seine Verbundenheit mit Fürstenwerder und die vielen Kontakte zu den Bewohnern, hatte er umfangreiche Kenntnisse erworben. Unterstützung erhielt er durch den damaligen Bürgermeister Joachim Ohlbrecht. Auf dem Grundstück Ernst-Thälmann-Straße 26, dem damaligen Sitz der Gemeindeverwaltung, wurden Räume auf dem Hofgelände freigezogen. Nach der Renovierung der Räume wurden durch Schenkungen und Leihgaben z.B. die Sammlungen der Zeugnisse des örtlichen Handwerks, der Volkskunst und der Lebensweisheiten von Erich Blietschau, Horst Fiebrandt, Andreas Kranzpiller und anderen eingerichtet. Am 7. Oktober 1974 wurde die Heimatstube durch den Bürgermeister Joachim Ohlbrecht eröffnet. Er wies darauf hin, dass die Ausstellung ein Ausdruck tätiger Heimatliebe ist, wünschte ihr eine gute Aufnahme in der Bevölkerung des Ortes und fruchtbare wechselseitige Beziehungen. Die Ausstellung konnte damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Museale Einrichtungen werden oft durch Idealismus am Leben erhalten. Sie sind ein Aushängeschild für die jeweiligen Orte sowie Kultur- und Bildungs-einrichtung. Die Gestaltung der Sammlungen in den Museumsräumen und die Absicherung der Öffnungszeiten erfolgte damals durch Mitglieder des Dorfklubs und der Ortsgruppe des Kulturbundes. Die positive Resonanz bei der Bevölkerung blieb nicht aus. Ein Museum lebt u. a. von Schenkungen seiner Bürger. Schnell nahm der Bestand zu, eine räumliche Erweiterung war notwendig. Sobald Räume der Gemeindeverwaltung frei wurden, konnten nach entsprechenden Vorbereitungen neue Ausstellungen gestaltet werden.
Die Heimatstuben wurde auch von Lehrern der Schule Fürstenwerder in den Unterrichtsstoff einbezogen. Viele Sommergäste besuchten das kleine Museum.
Erich Blietschau verstarb am 3. März 1990.
Nach der Wende von 1989 hatte sich vor allem Günter Markert als Leiter der Heimatstuben engagiert. Durch ABM-Beschäftigungen hat er über mehrere Jahre zur Entwicklung der Heimatstuben beigetragen.
Nach dem Umzug der Gemeindeverwaltung in ein neues Verwaltungsgebäude am Bahnhof, in die Ernst-Thälmann-Straße 5, erhöhte sich 1992 die Anzahl der Ausstellungsräume von drei auf zehn. Der damalige Bürgermeister, Dr. Hans Christoph Heymann, hatte dies in Abstimmung mit der Gemeindeverwaltung ermöglicht. Nun war die Gemeinde Fürstenwerder Träger der Heimatstuben. Die Ausstellungen konnten weiter ausgebaut und systematisiert werden. Ziel war es, das ehemalige Handwerk von Fürstenwerder, welches schon immer eine besondere Bedeutung hatte, stärker zu repräsentieren. Es wurden Ausstellungen zum Tischler-, Stellmacher-, Dachdecker-, Ziegler-, Ofensetzer-, Schuhmacher-, Sattler-, Schmiede-, Schlosser-, Friseur-, Fischerei- und zum Bäckerhandwerk eingerichtet. Neben den Räumen im Haus kamen auf dem Hof eine Toilette, ein Depotraum und eine eingerichtete Waschküche hinzu.
Nach Gründung des Tourismusvereins Fürstenwerder übernahm 1992 dieser die Koordinierung der Ausstellungen und Öffnungszeiten. Weitere Ideen kamen zum Tragen. Unter der Leitung von Ute Bleich wurde eine Konzeption erarbeitet, die im Oktober 1997 durch die Gemeindevertretung bestätigt und angenommen wurde und folgende Schwerpunkte enthielt:
Die Heimatstube ist eine von der Gemeinde Fürstenwerder getragene, gemeinnützige und öffentliche Einrichtung. Sie nimmt wichtige kommunale Aufgaben wahr. Sie erfasst, sammelt, bewahrt, dokumentiert und präsentiert – entsprechend ihrem Profil – Kulturgut, Belege der Natur, Umwelt und Geschichte und stellt diese u. a. der wissenschaftlichen, historischen Forschung und Bildung für die Bürger bereit. Sie ist damit ein wichtiger Bestandteil des politischen und kulturellen Lebens der Gemeinde. Die Heimatstube verwirklicht diese Aufgaben durch:
- den Erwerb von Sammlungs- und Kulturgütern
- die Gestaltung von Dauer- und Sonderausstellungen
- die Mitarbeit bei heimatgeschichtlichen und genealogischen Projekten
- die Beantwortung von Anfragen der Bürger.
Die Heimatstube ist Mitglied im Uckermärkischen Museumsverbund des Landkreises Uckermark. An vorderster Stelle steht das Sammeln von Fotodokumenten sowie materieller und schriftlicher Zeugnisse über die Entwicklung des Ortes Fürstenwerder und der Umgebung. Durch diese Exponate werden die Lebensformen der Einwohner dokumentiert, die in den vergangenen Jahrhunderten bis in die Gegenwart das Alltagsleben bestimmten, das waren vor allem Ackerbürger und Handwerker. Damit wurden die Grundlagen für die Einrichtung und Entwicklung eines Heimatmuseums mit Veranstaltungstätigkeit in Fürstenwerder geschaffen.
Aber die Entwicklung ging noch weiter. Die Akzeptanz des Heimatmuseums in der Bevölkerung nahm zu. Die Besucherzahlen stiegen. Inzwischen existierten von ca. 170 Bürgern aus Fürstenwerder und der gesamten Uckermark Leihgaben und Schenkungen. Um alles präsentieren zu können, waren viele Umbauarbeiten im Tischler-, Elektro-, und Heizungsbau notwendig. Nachdem das Gebäude in der Ernst-ThälmannStraße 26 mit dem dazugehörigen Grundstück Eigentum der Gemeinde Nordwestuckermark wurde, konnten Fördermittel für eine fachgerechte Sanierung des gesamten Objektes beantragt werden.
Das Gebäude des Heimatmuseums hat eine bewegte Vergangenheit aufzuweisen, es gehört zu den ältesten Häusern in Fürstenwerder und war lange im Besitz von Ackerbürgern und Handwerkern. Von diesem Grundstück ging 1740 der große Stadtbrand aus, der den größten Teil des damaligen Ortes vernichtete. Um 1800 wurde das Gebäude wieder neu und moderner aufgebaut. Nach 1945 verließen die letzten Hausbesitzer Fürstenwerder, das Gebäude wurde von der damaligen Gemeinde übernommen. Hier wohnten jahrelang zahlreiche Familien, und die Gemeindeverwaltung hatte ihre Räume im Erdgeschoss.
Durch die landschaftlichen, kulturhistorischen und touristischen Besonderheiten und die noch bestehende, gesellschaftliche Infrastruktur hatte sich Fürstenwerder zu einer Schwerpunktgemeinde in der Nordwestuckermark entwickelt. Der Ort wurde in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen. Mit bereitgestellten Fördermitteln wurden die gesamte Stadtmauer, Straßen und Gehwege saniert.
Der damalige Bauamtsleiter der Gemeinde Nordwestuckermark, Dr. Hans Christoph Heymann, machte Förderprogramme ausfindig, die eine Sanierung und Modernisierung von Museen ermöglichten. Viele Ideen und Vorschläge wurden im Tourismus- und Geschichtsverein und in der Gemeindevertretung diskutiert. Schnell kam ein Finanzbedarf von fast 400.000,- Euro zusammen, der von Behörden und Fördermittelgebern bestätigt wurde. So konnte von September 2003 bis Juli 2004 die Gesamtmaßnahme “Umbau und Rekonstruktion der Heimatstube Fürstenwerder” realisiert werden. Viele Handwerksbetriebe waren daran beteiligt, die unter Anleitung des Architekten Ulf Grainer-Mai eine gute Arbeit geleistet haben. Durch eine neue Heizungsanlage im gesamten Haus wurden optimale Ausstellungs- und Arbeitsbedingungen geschaffen. Die Elektroanlage wurde erneuert, neue Fenster im Straßenbereich eingebaut.
Die Ausstellungsräume erhielten neue Farbe und neue Fußböden. Die Toilettenanlage, Wasser- und Abwasseranlagen wurden erneuert. Auf dem Hofgelände wurden alte Stall- und Depotgebäude abgerissen. Dafür entstand ein Raum für die Betreuung von Besuchern mit einer kleinen Küche sowie eine Backstube mit einem Holzbackofen im Außenbereich.
Diese umfangreichen Aufgaben konnten nicht allein durch die Mitglieder des Tourismusvereins realisiert werden. Die Ländliche Arbeitsförderung Prenzlau bestätigte jährlich mindestens eine Person über ABM oder MAE, die im Heimatmuseum für die Erledigung der vielen Aufgaben beschäftigt wurde. Zu nennen sind hier u. a. Gerhard Schröder, Roswitha Schmegner, Marina Siromski, Reinhard Schmegner, Andre Michaelis, Monika Wiels, Gudrun Bunge. Dadurch war es möglich, Sonderausstellungen und Veranstaltungen durchzuführen.
Sonderausstellungen
- Hundert Jahre Freiwillige Feuerwehr Fürstenwerder, 1904–2004
- Die Fürstenwerder Seen und ihre Fischereitradition
- Fürstenwerder 1944/1945 – Kriegsereignisse in einer uckermärkischen Idylle
- Haltbarmachen von Lebensmitteln
- Haushaltstechnik – Made in GDR
- Meine Spielzeugwelt
- Über 150 Jahre Maltradition in Fürstenwerder, mit Arbeiten von Andreas Kranzpiller, Maren Reblin, Hans Klohß, Irene Sohler, Oliver Oesterheld, Matthias Schilling, Friedrich Dornbrach und anderen
Veranstaltungen:
- Jährliche Aktionen zum Internationalen Museumstag mit der Auktion Kunst & Kuriosa
- Brandenburger Landpartie mit dem Tag des Brotes und dem Tag der Jagd
- Fürstenwerder Fischzug
- Wanderungen mit Führungen anlässlich des Volkswandertages
- Theateraufführungen mit dem Theater Spielbrett aus Dresden
- Advendsmärkte
Vor einer Radwanderung nach Wolfshagen, 2008
Die Bände 1, 2, 3, 5 und 6 der Schriftenreihe Fürstenwerder Mosaik. Die verfügbaren Exemplare finden Sie auf der Seite “Verkaufsangebote”.
Fürstenwerder Mosaik
Im Heimatmuseum befinden sich ca. 1600 Fotos von Fürstenwerder und Umgebung, ca. 130 Ordner mit umfangreichem Schriftgut und eine Bibliothek mit heimatgeschichtlicher Literatur. Aus diesen Quellen und den Erinnerungen vieler Bürger konnte 1999 die Schriftenreihe Fürstenwerder Mosaik herausgegeben werden:
- 1999 Geschichte und Geschichten
- 2002 Die vierziger und fünfziger Jahre
- 2004 Feuerwehr und andere Vereine
- 2007 Fürstenwerder und das Dominium, Detlef Graf von Schwerin/Ute Bleich
- 2012 Jubiläen und Erinnerungen
- 2021 Angekommen
Darüber hinaus erschienene Publikationen:
- Die Glashütten um Fürstenwerder, Ute Bleich, 2002
- Fürstenwerder 1944/45 – Kriegsereignisse in einer Uckermärkischen Idylle, von Wilhelm Zimmermann, 2015
- Ein Festbuch zur 700-Jahrfeier der Ersterwähnung von Fürstenwerder, 2019
Eine Übersicht über viele Publikationen zum Thema Fürstenwerder finden Sie auf der Seite “Fürstenwerder in der Literatur”.
Hofansicht des Hauses Ernst-Thälmann-Straße 27, Zeichnung von Hans Klohß
Eine besondere Schenkung von 28 Gemälden und Aquarellen des Landschaftsmalers Hans Klohß mit Motiven aus Fürstenwerder, entstanden in den Jahren 1905 bis 1910, erhielt das Heimatmuseum 2008 von Herrn Walter Mester aus St. Gallen in der Schweiz. Diese Gemälde gehören zu den Kostbarkeiten des Heimatmuseums.
Seit 2009 gehört ein zweites Gebäude zum Museum, die ErnstThälmann-Str. 27. In diesem Haus lebte Hans Klohß von 1905 bis 1909, worauf eine Gedenktafel hinweist. Die Eröffnung des Hauses als weitere Ausstellungsmöglichkeit galt einer umfangreichen Ausstellung über Leben und Werk von Hans Klohß – am 10. Juni 2009. Seither beherbergt das Haus viele Sonderausstellungen.
Aus Anlass seines 90. Geburtstages im Jahr 2013 schenkte der Heimatmaler Andreas Kranzpiller dem Museum über 100 Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen und Linolschnitte. Dafür erhielt er in der oberen Etage des Heimatmuseums eine Sonderausstellung, in der ein Teil seines Lebenswerkes mit vielen Fürstenwerder Ansichten einem breiten Publikum gezeigt werden kann.
Paul Wiede (1869–1947), Dachdeckermeister in Fürstenwerder, hat seinem Heimatort eine über 400 Seiten starke, handschriftliche Chronik mit Informationen aus den Jahren 1875–1945 hinterlassen. Diese Chronik befindet sich auch im Heimatmuseum Fürstenwerder. Viel ist daraus bisher zur Darstellung der Ortsgeschichte verarbeitet worden.
Helga Strauß und ihre Tochter Dr. Rita Strauß haben es nach mehrjähriger Tätigkeit geschafft, die gesamte Chronik aus dem Sütterlin zu transkribieren und in eine lesbare Form zu bringen. Durch eine Zusammenfassung verschiedener Texte ist eine Gliederung mit einem übersichtlichen Inhaltsverzeichnis entstanden,
die die Arbeit für Heimat- und Familienforscher erleichtert.
Das Buch “50 Jahre Fürstenwerder von 1875–1925, die Chronik des Heimatforschers Paul Wiede” ist 2023 erschienen.
Seit 2018 befindet sich im ehemaligen Raum für die Besucher im Hofbereich ein Café und Restaurant mit dem Namen Else Förster, das durch Frau Angelika Fuß betrieben wird.
In den 50 Jahren des Bestehens des Heimatmuseums Fürstenwerder haben besonders die Gemeinde Nordwestuckermark sowie viele Bürger, Freunde und Bekannte und die wechselnden Mitarbeiter wesentlich zur Bedeutung und Entwicklung der Einrichtung beigetragen. Dafür möchte ich an dieser Stelle einen besonderen Dank sagen.
Uckermärkischer Geschichtsverein zu Prenzlau e.V. / Ortsgruppe Fürstenwerder
Ernst-Thälmann-Straße 26 | 17291 Nordwestuckermark - Fürstenwerder
Telefon: 039859 390115 oder 039859 63999 | E-Mail: kontakt@geschichte-fuerstenwerder.de
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