Uckermärkischer Geschichtsverein zu Prenzlau

Ortsgruppe Fürstenwerder

Ein Haus für Gott – Fürstenwerder um 1240 – mitten in der Christianisierung

Henning Ihlenfeldt

Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Kirchturm
„Das Uckermärkische Städtchen Fürstenwerder besitzt nach dem einhelligen Urteil aller Fachleute die schönste aus Granitsteinen errichtete Dorfkirche der
Mark Brandenburg.“ (Sonderausgabe des Berlin-Brandenburger Kurier 1959, herausgegeben als Festausgabe anlässlich des 725jährigen Bestehens von Prenzlau)

Die Feldsteinkirche wurde als ein Ausdruck städtischer Blütezeit und politischen Willens im 13. Jahrhundert als einschiffiger Rechteckbau mit querrechteckigem Westturm auf einer Anhöhe errichtet (nach Pfarrer Ludwig Uhde vermutlich Bau und Fertigstellung der Kirche um 1240, nach seinem Hinweis im Kirchenbuch „das die Kirche bereits über 500 Jahre gestanden habe“).

An das Gebäude sind auf der Nordseite eine Sakristei und auf der Südseite eine Vorhalle in Feldstein angebaut worden. Gemeinsam mit der den Ortskern umschließenden Stadtmauer bildet sie ein Feldsteinensemble, das Wahrzeichen des Ortes Fürstenwerder.

Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Portal mit Kirchenfenstern
Mitten in der Endmoränenlandschaft gelegen, lieferte die Natur für die ehrgeizigen Bauwerke damals einen fast unerschöpflichen Vorrat an Feldsteinen, die von hochbegabten Steinmetzen kunstfertig zu präzisen Quadern geformt wurden. Kehlungen des vorstehenden Sockels umfassen das gesamte Kirchgebäude, und exakt gehauene Ecksteine wurden äußerst sorgfältig verarbeitet.

Ein besonderes Schmuckelement wird am Ostgiebel sichtbar, den hier fünf konsolförmige Bögen aus Granit über den drei schmalen und hohen Fenstern zieren. Im Bereich der Giebelspitze sind weitere Spitzbogenblenden und Mauerwerksvorlagen zu entdecken.

Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Tor mit Kugelbossen

Fast einzigartig hier im nördlichen Teil Brandenburgs sind die fein herausgearbeiteten runden Kugelbossen am Portal der Kirche, ein Zeugnis des künstlerischen und handwerklichen Geschicks unserer Vorfahren.

Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Tor mit Kugelbossen - Detailaufnahme
Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Nahaufnahme der  Kugelbosse

1740 fiel die Kirche zusammen mit dem gesamten Ortskern einem Stadtbrand zum Opfer. Bis 1785 erfolgte ein mühsamer Wiederaufbau, der in seinem Ergebnis zu einer neuen, der noch heute erhaltenen Turmform, führte. Material- und kostensparend wurden Nord- und Südwand des quadratischen Turmschachtes damals auf Ziegelbögen errichtet, die direkt unter der Traufebene des Kirchenschiffes den Turminnenraum in Ost-Westrichtung überspannen. Der obere Abschluss des massiven Schaftes wird durch ein Zeltdach in Kronendeckung gebildet, das von einer hölzernen Laterne mit aufgesetzter barocker Haube in Schiefereindeckung durchdrungen ist. Die Dachkonstruktion des Kirchenschiffes wurde nach dem Stadtbrand über den Deckenbalken als ca. 10m hoher Kehlbalkendachstuhl aufgebaut. Sehenswert ist die Ausführung natürlich unter dem Aspekt der Dimensionen und der traditionellen Handwerksarbeit. Die Dachdeckung des Kirchenschiffes in Doppeldeckung, Wetterfahne und Turmuhr stammen ebenfalls aus dieser Zeit.

Kirche Fürstenwerder - Innenraum mit Orgel

Im Jahr 1877 wurde durch den Stettiner Orgelbaumeister Barnim Grüneberg in dem Spitzbogen zwischen Kirchenschiff und Turm eine Orgel eingebaut, deren
Prospektpfeifen dem Rüstungswahn des 1. Weltkrieges „Für Volk und Vaterland“ gespendet werden mussten. Kennzeichnend für die mit der Nummer 182 erbaute und noch fast im Originalzustand erhaltene Orgel sind ein neugotischer Prospekt, zwei Manuale und ein Pedal sowie 11 Register mit insgesamt 624 Pfeifen.

Im Zeitraum der Jahre 1785–1995 wurden in Ermangelung materieller und finanzieller Möglichkeiten keine nennenswerten Erhaltungsmaßnahmen am Kirchgebäude durchgeführt. 1962 wurde der Innenraum des Kirchenschiffes renoviert und der Altarraum umgestaltet. Aus Platz- und Beleuchtungsgründen wurden der hölzerne Kanzelaltar und ein Teil des Gestühls entfernt. Altar, Kanzel und Taufbecken wurden durch Neubauten aus Ziegelmauerwerk ersetzt.

Seit dem im Jahr 1785 abgeschlossenen Wiederaufbau der Kirche waren über 200 Jahre vergangen. Die Bauschäden waren umfassend sichtbar und betrafen vor allem folgende Bereiche:

  • die Dacheindeckung des Kirchenschiffes und des Turmes mit kaputten Dachziegeln und Nassfäuleschäden an der Dachkonstruktion
  • die sich großflächig lösende Schieferverkleidung an der Turmlaterne
  • das Ziegelmauerwerk des oberen Turmes mit Putzschäden
  • das Feldsteinmauerwerk des unteren Turmes mit Struktur- und Rissschäden
  • das gerissene Tonnengewölbe der Sakristei mit schadhafter Dachkonstruktion
  • defekte Fenster
  • sowie den Glockenstuhl mit Holzschäden.

Nach der Wende 1990 veränderten sich die politischen Zielsetzungen. Die Kirchen erhielten wieder ihre ursprüngliche Bedeutung. Längst notwendige Baumaß-
nahmen zur Erhaltung der Kirchen wurden finanziell gefördert. Eine langsam gewachsene Kenntnis über die Einflussmöglichkeiten von Vereinen führte im Jahr
1994 zur Gründung des Fördervereins „Baudenkmal Kirche Fürstenwerder e. V.“, der seitdem in das Vereinsregister eingetragen ist und die Gemeinnützigkeit bestätigt bekam. Ziel des Vereins ist es, Sponsoren und Spendengelder für die Beseitigung der vorhandenen Mängel des Baudenkmals Kirche zu werben. Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins zählen neben Pfarrer Thomas Brilla, Henning Ihlenfeldt, Renate Brilla, Udo Winter, Andreas Kranzpiller, Wolfgang Klingbeil, Bruno Storm, Bernd Meyer und Gisela Luplow.

Ein erster Schritt war die Erstellung einer präzisierten Schadensanalyse mit zugehöriger Kostenschätzung und Konzeption, die im Laufe der Arbeit in Abhängigkeit von den finanziellen Möglichkeiten weiter präzisiert werden musste.

Am Tag des Offenen Denkmals 1996 trat der Förderverein mit einem Podiumsgespräch erstmals in die Öffentlichkeit. Im Ergebnis dieser Veranstaltung wurde durch den Landkreis Uckermark eine wesentliche finanzielle Aufstockung der Mittel für die Denkmalpflege im Haushaltsjahr 1997 beschlossen.
Durch eine erste Spendensammlung wurde 1996 der Beginn der Sanierung der bisher fast im Originalzustand erhaltenen Orgel ermöglicht. Mit Unterstützung
des Kulturamtes des Landkreises Uckermark konnten zum Weihnachtsfest 1996 die seit dem 1. Weltkrieg fehlenden 33 Prospektpfeifen wieder ergänzt werden.
1997 erfuhr die Orgel eine vollständige Demontage aller Pfeifen durch die Eberswalder Firma Fahlberg, die der Reinigung, Holzschutzbehandlung und Ergänzung
fehlender Pfeifen diente. Zum Vereinstag am 14. September 1997 konnte die Orgel mit einem besonderen Konzert wieder eingeweiht werden.

Dann begann die Dachsanierung. Die Förderung durch Mittel der Dorferneuerung, kombiniert mit einer Zuwendung des Landkreises Uckermark, Mitteln vom Kirchenkreis, der Landeskirche und einem vom Förderverein bereitgestellten Eigenanteil ermöglichte eine Sanierungsumfang von 90.000 DM. Im Ergebnis des 1. Bauabschnittes konnte bis zum Jahresende 1997 etwa ein Drittel der Neueindeckung der Dachfläche des Kirchenschiffes erreicht werden. Die Sanierung der Nassfäuleschäden an den Deckenbalkenköpfen und Sparren erfolgte noch rechtzeitig, da eine Verformung des Dachtragewerks noch verhindert werden konnte.

Eine gesicherte Finanzierung durch die Projektförderung „Dach & Fach“ des Landes und des Bundes, die Landeskirche in Berlin und Brandenburg sowie durch einen Eigenanteil des Fördervereins Baudenkmal Kirche ermöglichte 1998 die Fortsetzung der im Jahr zuvor begonnenen Sanierungsmaßnahmen.
1998 wurden folgende Baumaßmahmen durchgeführt:

  • Fortsetzung der Sanierung der Holzkonstruktion im Bereich des Kirchenschiffes
  • Fortsetzung der Neueindeckung des Kirchenschiffdaches
  • Fortsetzung der Erneuerung des Bohlenbelages der Kirchenschiffdecke
  • Durchführung der Putzarbeiten am Kirchturm und Verfestigung der unteren Westfassade
  • Erneuerung der Blitzschutzanlage
  • Sanierung des Daches der Eingangshalle an der Südseite
  • Verspannungsarbeiten mit Zugankern im Turminnenraum
  • Abnahme der defekten Turmbekrönung.

Im Ergebnis der Arbeiten konnte auch die Frage zum Inhalt der Turmkugel beantwortet werden, die Generationen gedanklich beschäftigte. Enhalten waren in einer Kartusche 17 sehr gut erhaltene preußische Münzen aus der Regierungszeit des Königs „Friedrich der Große“ von 1740 bis 1785. Diese sind bei der Erstbekrönung des Turmes nach dem Stadtbrand im Jahr 1785 beigelegt worden. Die beigelegten Dokumente in lateinischer und deutscher Schrift waren trotz sorgsamster Behandlung durch einen Restaurator nicht mehr zu entziffern. Die vorhandene Einrüstung des Turmes für die Außenputzarbeiten veranlasste Gemeindekirchenrat und Förderverein zu einem Spendenaufruf zur Anschaffung und Montage neuer Zifferblätter an den Seiten des Kirchturms. Die Resonanz des Spendenaktion übertraf mit einem Ergebnis von ca. 20.000 DM kühnste Erwartungen und ermöglichte noch die Anschaffung einer funkgesteuerten Hauptuhr sowie die Installation eines Vollstundenglockenschlages. Insgesamt wurden in den Jahren 1997/98 ca. 440.000 DM in die Kirchensanierung investiert.
Durch die Beteiligung von fast 200 Spendern konnte der finanzielle Eigenanteil zu den Fördermitteln abgesichert werden. Vielen Spendern war es wichtig, unabhängig von ihrer Konfession, dabei gewesen zu sein, ein Stück Baudenkmal als lebendiges Gedächtnis unserer Heimat erhalten zu haben und beim Schlag der Uhr zur vollen Stunde mit Stolz daran erinnert zu werden.
Die neue Turmbekrönung wurde am 19. September 1999 auf die Kirchturmspitze gesetzt. Hergestellt wurde sie durch den Warener Kunstschmied Peter Balehna. Im Jahr 2001 konnten die Fenster im Kirchenschiff erneuert werden. Seit dem 1. Dezember 2001 wird die Kirche angestrahlt.

Zu Pfingsten 2006 wurden nach einem Entwurf von Andreas Kranzpiller die Ostgiebelfenster mit einer Bleiverglasung ausgestattet.

Durch eine Fördermittelbewilligung in Höhe von 8.000 € durch die untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Uckermark konnte die Sakristei im Jahr 2007 saniert werden. Dabei wurde das Tonnengewölbe mit Zugankern stabilisiert und das Dach erneuert.
Jedoch konnten noch nicht alle notwendigen Arbeiten zum Abschluss gebracht werden. Ziel des Fördervereins ist es, als nächste Maßnahme die Instandhaltung der gesamten Turmhaube zu unterstützen. Damit unsere Kinder, Enkel und Urenkel in den nächsten 100 Jahren die Kirche mit Ehrfurcht betrachten können und die Geschichte von Fürstenwerder kennenlernen.

Die Entwicklung der Kirchgemeinde erhält eine besondere tragische Wendung dadurch, dass die Pfarrstelle in Fürstenwerder im 700. Jahr der Ersterwähnung von
Fürstenwerder aufgelöst wird.

Obelisk an der Kirche Fürstenwerder
Sandsteinobelisk auf dem Kirchplatz zu Ehren der gefallenen Soldaten in den Bismarck-Kriegen 1864, 1866 und 1870.
Restauriert im Jahr 2000 durch den Bildhauer Toralf Jaekel.
Gedenktafel am Obelisk an der Kirche Fürstenwerder
Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Gesamtansicht
Kirche Fürstenwerder - Innenraum - Altar
Feldsteinkirche in Fürstenwerder - Gesamtansicht Giebelseite

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